Viele neue Zwänge und Verantwortungen

Eine eigene Praxisgründung kann Ihnen sehr viel neue Möglichkeiten und Freiheit erschließen. Parallel entsteht aber auch eine Vielzahl von Zwängen, die Sie zuvor nicht kannten.

Neben den juristischen, steuerlichen und finanziellen Faktoren muss sich der seine Niederlassung planende Arzt auch über die psychischen Faktoren Gedanken machen. Man wird durch die neue Verantwortung als ärztlicher Unternehmer mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert, die ein angestellter Arzt ohne Personalverantwortung nicht kennt. Sie müssen sich einige Fragen im Vorfeld beantworten: Kann ich mit Krediten leben? Kaum eine Praxisgründung ist ohne die Aufnahme von Krediten möglich. Wie gehe ich mit Stress um? Welche Opferbereitschaft habe ich in Bezug auf die Praxisführung? Sie werden in der Aufbauphase der Praxis viel Zeit opfern müssen.

Arbeiten ohne verantwortlichen Chef: Viele Ärzte eröffnen eine eigene Praxis, weil sie frei sein wollen von einem Chef, der bestimmt, wo es lang geht. Selbstverantwortlich zu sein hat sicherlich viele Vorteile, bedeutet aber auf der anderen Seite auch, dass man ständig gefordert ist. Häufig vermissen Praxisärzte den Teamrückhalt, den sie in der Krankenhausarbeit erlebt haben. Darum sollte der Arzt vorher überlegen, ob er auch ein Einzelkämpfer sein kann, wie viel Rückhalt eines (ärztlichen) Teams er braucht und ob für ihn vielleicht auch eine Kooperation, BAG oder Praxisgemeinschaft in Frage kommen würde.

Aus Kostengründen nicht die optimale Behandlung anbieten zu können: Oft stehen niedergelassene Ärzte vor dem Problem, den Patienten aus Kostengründen nicht die optimale medizinische Versorgung anbieten zu können. Zwar gibt es in der Klinik auch Einsparungen, die die dort praktizierenden Ärzte zu spüren bekommen, doch die Verantwortung liegt bei der Klinikleitung. In der eigenen Praxis sitzt man selbst als Verantwortlicher einem kranken Patienten gegenüber, den man nicht optimal medizinisch behandeln kann. Vielen niedergelassenen Ärzten macht dieses Dilemma schwer zu schaffen. Daher ist es ratsam, vor der Niederlassung diese Situation durchzugehen und zu prüfen, ob man es ertragen kann, medizinisch eingeschränkt zu arbeiten.

Umgang mit dem Praxispersonal: Für viele Ärzte ist der Umgang mit dem Personal der Praxis häufig gleichzusetzen mit endlosem Stress. Denn es tauchen immer wieder Situationen auf, bei denen die Mitarbeiter zurückstecken müssen. Dies kann beim Thema Feierabend oder Urlaubsplanung sein. Der zukünftige Praxisinhaber muss wissen, wie er mit solchen Konflikten umgehen wird und ob er um der Harmonie willen bereit ist, mehr Stress zu ertragen.

Die finanzielle Seite: Seine Einstellung zu der finanziellen Seite muss der Arzt mit sich schon im Vorfeld klären. Die Frage nach der Höhe des Bedürfnisses nach Sicherheit steht ebenso im Raum wie die zukünftigen finanziellen Ansprüche. In der Gründungs- und Aufbauphase der Praxis wird der Arzt der Praxis oft nur einen vergleichsweise geringen Gewinn entnehmen können. Das ist dann nicht viel mehr als ein Assistentengehalt.
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